Zur 15. Auflage des Klinkerseminars von Hagemeister kamen an zwei Tagen wieder rund 450 Architekten nach Nottuln. (Foto: © Hagemeister)

Zur 15. Auflage des Klinkerseminars von Hagemeister kamen an zwei Tagen wieder rund 450 Architekten nach Nottuln. (Foto: © Hagemeister)

15. Klinkerseminar: Harmonie der Töne

FASSADE - Aktuell

März 2018

In enger Abstimmung mit Architekten entwirft und produziert das Traditionswerk Hagemeister projektspezifische Klinkersortierungen nach Maß.

Weil die Farbauswahl ein wichtiger Bestandteil des Entwurfsprozesses ist, hat Hagemeister ihr das diesjährige Klinkerseminar gewidmet. Unter dem Motto "Harmonie der Töne" haben sich vier Referenten aus der nationalen und internationalen Architekturszene mit der Bedeutung der Farbe für die Architektur auseinandergesetzt.

"Die Farbe in der Architektur, ein ebenso kräftiges Mittel wie der Grundriss und der Schnitt". Diesem Grundgedanken des französisch-schweizerischen Architekten Le Corbusier lag das diesjährige Klinkerseminar von Hagemeister zugrunde. Schließlich nehmen Menschen Farbe mit allen Sinnen wahr.

Farbe zum Bestandteil des Entwurfs machen

Das weiß Prof. Dr. Axel Buether als Vorstandsvorsitzender des Deutschen Farbenzentrums e. V. nur zu gut und schuf mit seinem Vortrag die Basis für die architektonische Arbeit mit Farbe. Denn egal ob in der Natur oder Kultur – "die Funktion der Farbe ist die Gleiche, nämlich die Umwelt zu beeinflussen."

Zum Beispiel lässt sich mit ihr Identität stiften, sei es in Form eines Firmenhauptsitzes, der die Corporate Identity verköpert, oder anhand von Farbheimaten, die über eine definierbare regionale Farbigkeit verfügen. Allerdings besteht in globalisierten Zeiten die Gefahr, dass ebenjene verloren gehen, so wie viele Wolkenkratzer in den Großstädten auf der Welt ähnlich anmuten.

Allein über das Visuelle lässt sich die Wahrnehmung der Menschen stark beeinflussen. Buethers Appell an die Architekten lautete entsprechend: Die Farbe von Anfang an zum Bestandteil des Entwurfs zu machen.

Von Landschaft, Kontext und Heimat

HandwerkDoch wie findet man den richtigen Farbton für die Fassadengestaltung? "Man kann Objekte nicht ohne ihre Umgebung betrachten", stellte Torsten Lockl vom Architekturbüro Formation A in Berlin in seinem Vortrag heraus. Die Landschaft in der Umgebung sei ein Kontext, der Ort, Zeit und Kultur zusammenfasse. Geprägt ist er von seiner geschichtlichen Entwicklung, im Laufe derer sich spezifische Eigenheiten herausentwickelt haben.

Für Lockl eignen sich traditionelle Bauformen, wie die Verwendung gebrannter Ziegel, als konstruktive Lösung grundlegender Bedürfnisse. Klinker stellen in diesem Zusammenhang eine Verbindung von Vergangenheit und Zukunft her. In der architektonischen Planungsarbeit gelte es, "mit gefundenen Farben aus der Landschaft zu arbeiten und nach dem sie Ergänzenden zu suchen."

Die Rezeptur muss stimmen

Auch wenn aus Ton gebrannte Steine von Natur aus eine gewisse Farbgebung haben, welcher die Reaktion der im Rohstoff enthaltenen natürlichen Bestandteile während des Brennprozesses zugrunde liegt, lässt sich diese noch beeinflussen. Dafür gilt es, auf die Atmosphäre im Ofen Einfluss zu nehmen: Je länger der Brand und je höher die Temperatur, umso dunkler wird die Farbe.

Auch die Zufuhr an Sauerstoff ist von großer Bedeutung. Wird der Klinker in einer mit Sauerstoff übersättigten Atmosphäre gebrannt, bekommt er verschiedene Rottöne. Das kurzzeitige Brennen mit wenig oder gar keinem Sauerstoff, Reduktion genannt, bewirkt, dass die Ziegel eine schwarze-braune oder blau-schwarze Farbe annehmen.

Doch im Zusammenwirken vieler chemischer und physikalischer Einflussfaktoren beim Brennen bleibt auch viel Raum für Zufälle. Selten gleicht ein Klinker den anderen – das macht ihn zu so einem individuellen Baustoff.

Fassade als Kleidung

So individuell, wie auch kein Mensch dem anderen gleicht. Ihre Einzigartigkeit drücken Menschen zum Beispiel durch ihre Kleidung aus. Matthias Haber, Partner bei Hild und K Architekten in München, addressierte in seinem Vortrag zum Thema "Kleidungsstücke" das Übertragen textiler Strukturen ins Gebaute. "Jede Fassadengestaltung ist eine Kleidung im übertragenen Sinn", sagt der Architekt.

"Wie der Mensch sich unterschiedlich kleidet, kleiden sich auch Häuser unterschiedlich." Haber hat beispielsweise für das Büro- und Wohnhausprojekt Schwabinger Tor in München mit Klinkerfertigteilen eine Gebäudehülle geschaffen, die wie ein Brokatstoff anmutet. Nach Art einer Reliefstickerei treten einzelne Steine aus der Fassadenebene hervor.

Gebäude überdauern viele Jahrzehnte

HandwerkBasierend auf einer bestehenden, erdgrauen Hagemeister-Sortierung hat der Entwurfsarchitekt gemeinsam mit den Experten aus dem Klinkerwerk mittels Mineralien den grünlichen Anteil der Sortierung herausgearbeitet und die Objektsortierung "Leopoldstraße" im Römerformat erarbeitet.

Sicher, Modetrends kommen und gehen schneller als die Jahreszeiten. Gebäude überdauern jedoch viele Jahrzehnte. "Sie basieren auf Stilen und Farben, die sich schon bewiesen haben und zeitlos sind", ergänzte Haber abschließend.

Kein Schwarz- Weiß-Denken

Wie wichtig es ist, den richtigen Ton zu treffen, weiß auch Referent Tako Postma, Geschäftsführer bei Inbo Architecten in Amsterdam. Für das Wohn- und Geschäftshaus "Intermezzo" im aufstrebenden Stadtteil Zuidas der niederländischen Hauptstadt haben er und Hagemeister eine individuelle Objektsortierung entworfen: Intermezzo. "Eine helle Fassade war gefragt. Aber sie sollte nicht zu hell sein, nicht grell wirken und der Bewitterung standhalten", so Postma.

"Ich wollte für die Fassade einen Klinker mit der Ausstrahlung eines Natursteins. Daraufhin fertigte Hagemeister die Objektsortierung aus zwei Arten Ton und mit einer hellen Oberflächenstruktur, die an traditionelle Handstrichziegel erinnert. Das gibt dem Fassadenklinker für das Intermezzo das charakteristische, aus Stein gehauene Handschlagrelief."

Eigene Sortierung entwickelt

Mit seiner hellen Gebäudehülle steht das Intermezzo in starkem Kontrast zum Objekt "900 Mahler", das ebenfalls von Inbo verwirklicht wurde und sich auf derselben Straße befindet. "Hier sollte es ein dunkler Stein sein, der "Assoziationen zu den luxuriösen Wolkenkratzern aus dem New York der 1920er Jahre hervorruft", sagt Postma.

"Da das Gebäude jedoch nach Norden ausgerichtet ist, durfte der Stein nicht zu schwärzlich sein, da er sonst düster wirken würde und die Details der Fassadengestaltung verlorengehen würden." Auch für dieses Projekt hat der Architekt in Zusammenarbeit mit Hagemeister eine eigene Sortierung entwickelt: Der Kohlebrandklinker "Ruhrerde" zeigt zahlreiche Nuancen, von verschiedenen Brauntönen bis hin zu beinahe Anthrazit.

Auf diese Weise wirkt er massiv-majestätisch, ohne jedoch seine Dynamik zu verlieren. Die Farbigkeit des Baustoffs Klinker, die niemals monoton ist, war es, was Postma letztlich zu seinem Vortrag "More than Black and White" inspiriert hat.

www.hagemeister.de

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